Im Vergleich zu vielen anderen Ländern verfügt Deutschland über Strukturen und Angebote im Kampf gegen Gewalt an Frauen. Dennoch erhalten nicht alle Frauen, die von Gewalt betroffen sind, in Deutschland auch Unterstützung.

Hierzu zählen nicht ausschließlich aber vor allem Frauen mit Migrationshintergrund, Fluchterfahrung, mehreren Kindern, Behinderungen und Frauen aus streng religiösen und traditionellen Familien. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Fachkräfte machen häufig die Erfahrung, dass diese Zielgruppen von den bestehenden Angeboten nicht ausreichend profitieren können. Grund ist der erschwerte Zugang. Es fehlen fehlt eine materielle Infrastruktur, die Sprache und Religions- und Kultursensibilität sowie Nähe umfasst.

Die häusliche Gewalt in Deutschland nimmt noch immer zu. Mehr als 140.000 Opfer von Gewalt in Partnerschaften wurden laut Behörden 2021 registriert – ein Anstieg von etwa 3,4 Prozent im Vergleich zu 2017. Über achtzig Prozent der erfassten Opfer sind weiblich. Mädchen und Frauen mit Behinderung erleben dabei je nach Gewaltform zwei bis dreimal häufiger Gewalt als der Bevölkerungsdurchschnitt. Betroffene Frauen mit Fluchterfahrung werden meist mit ihrem Leid alleingelassen. Sie verlassen ihr soziales Umfeld, das zugleich Schutz bietet. Die Hilfestrukturen in Deutschland sind ihnen häufig unbekannt. Sie erleben Neues und begegnen vielfach auch Vorurteilen oder Diskriminierung. Zudem wird Gewalt gegen Frauen in einigen Herkunftsstaaten nicht als Straftat oder Unrecht gewertet. Betroffene erleben Gewalt über mehrere Jahre, bis sie schließlich den Weg in ein Frauenhaus oder zu einer Frauenberatungsstelle wagen. In Deutschland gibt es etwa 400 Frauenhäuser, die von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern Schutz bieten. Bundesweit fehlen mehr als 14.000 Frauenhausplätze, gemessen an der Istanbul-Konvention des Europarats, dem internationalen Abkommen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

Wir sehen den Staat und die zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Verantwortung, diesen Frauen einen leichteren Zugang zu ermöglichen und für einen Nachteilsausgleich zu sorgen. Wir fordern, dass diese Problematik mit Sensibilität angegangen und die Angebotslandschaft entsprechend erweitert wird. Dies kann nur dann gelingen, wenn die aus der Zielgruppe heraus entstandenen Angebote in Regeldienste, wie Frauenberatungsstellen, inkludiert werden. In einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft müssen wir durch besondere Maßnahmen reagieren und bestehende Lücken schließen. Von Gewalt betroffenen Frauen müssen wir durch präventive Angebote, leicht erreichbare Schutzmaßnahmen und intensive Nachbetreuung den Rücken stärken.

Seit 1981 ist der 25. November ein internationaler Gedenktag. Zum Schutz der Frauen gegen Gewalt haben wir 2019 die Aktion #savewoman gestartet. Unsere Pat:innen des Projektes „Patenschaft Praxis Qualifizierung“ stehen den von Gewalt betroffenen Frauen beratend zur Seite. Diese erhalten zentrale Unterstützung von unseren Regionalkoordinator:innen. Unter der Nummer 0152 547 366 61 erfahren die Betroffenen und Angehörigen unmittelbare Hilfe von unseren Fachkräften. Unsere Beratung ist kostenfrei und anonym. Bei akuten Notfällen verweisen wir an das bundesweite Angebot des Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ (08000 116 016 oder online) des Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFZA).

Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist eins unserer vielen Querschnittsthemen, welche wir über unser ehrenamtliches Engagement und unsere Projekte behandeln. Das Thema Gewalt gegen Frauen bedarf einen intensiven und professionellen Umgang. Wir danken an dieser Stelle, jeder Organisation, welche sich bisher für Frauen stark gemacht und entsprechende Strukturen aufgebaut hat. Ebenso würdigen wir jede innovative Idee und Bemühung, diese Strukturen nachhaltig zu sichern und zu bereichern.

In einem Interview mit dem WDR erzählt unsere Frauenschutzbeauftragte, Halide Özkurt, wie Frauen den Weg aus der Gewaltspirale finden.