Mit dem Tod von Mahsa Amini am 16. September 2022 in Polizeigewahrsam im Iran brach eine große Welle an weltweiten Protesten und Solidarisierungen los. Amini wurde von der iranischen Sittenpolizei festgenommen, weil ihre Kleidung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen habe.

Die Debatte um religiöse Kleidungsvorschriften für Frauen wurde durch dieses Ereignis erneut angestachelt und droht die Gesellschaft zu spalten. Auf der einen Seite fordern Frauenrechtler:innen Kopftuchverbote, da am Beispiel Iran ein Zwang für Frauen weltweit abgelesen wird. Dagegen kritisieren insbesondere muslimische Verbände, dass Frauen das Recht haben müssten, selbst zu entscheiden, ob sie sich aus religiösen Gründen bedecken wollen oder nicht. Das in manchen religiös-muslimischen Communities ein gewisser Druck auf Frauen ausgeübt wird, ein Kopftuch oder weitere Gewänder zu tragen, bleibt dabei häufig unberücksichtigt.

Nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erleiden Frauen, die ein Kopftuch tragen, überdurchschnittlich häufig Diskriminierung im Arbeitsleben. Dies ergab auch eine Umfrage des Sozialdienst muslimischer Frauen, welche unter den Paten:innen und Mentees des Patenschaftprojektes PPQ 2021 durchgeführt wurde.

Die Diskussion darüber, wie sich Frauen kleiden sollen, ist kein neues Thema. Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihre eigene Kleidung ist in Europa erst im Rahmen der Frauenbewegung errungen worden. Was eine Frau anzieht bzw. was sie nicht anzieht, erregt aber auch heute noch die Gemüter. Politikerinnen werden häufig in Presseberichten auf ihren Modegeschmack hin bewertet. Zu viel oder zu wenig Haut zeigen, kann je nach Umstand zu Kritik oder Lob führen. Häufig sind es Männer, die diese Debatten führen.

Mit Blick auf muslimische oder als muslimisch gelesene Frauen stellt sich die Frage, inwieweit diese Debatte, die viel zu oft über ihre Köpfe hinweg geführt wird, Einfluss nimmt auf ihre Entwicklung, ihre Partizipation in und ihre Identifikation mit der Gesellschaft. Radikale Gruppen nutzen diese Debatten, um junge Frauen davon zu überzeugen, dass sie nicht in diese Gesellschaft gehören. Freiheit sei demnach eine vollständige Assimilation und die eigenen kulturellen, religiösen Lebensweisen fänden hier keinen Platz.

Als SmF-Bundesverband stehen wir für die Rechte der Frauen ein. Wir möchten nicht, dass Frauen im Gefecht gesellschaftlicher Moralvorstellungen zwischen Kopftuchgegnern und Befürwortern unter Zwang und Gewalt leiden und solidarisieren uns mit Frauen denen das Kopftuchtragen genauso wie das Ablegen auf erzwungen wird.

Diesbezüglich möchten wir am 26.10.2022 im Rahmen einer hybriden Veranstaltung unter Beteiligung hochrangiger Gäste ein Podiumsgespräch starten. Weitere Details hierzu werden wir in den nächsten Tagen ankündigen.