Menschen sind gestorben. Sie sind einem Akt des Terrors zum Opfer gefallen. Wir trauern mit ihren Angehörigen und beten um die baldige Genesung der Verwundeten.

Die Ratlosigkeit ist groß, aber genauso auch die Gewissheit, dass wir als Gesellschaft zusammenstehen müssen. Jeder und jede Einzelne sollte wissen, wo er oder sie steht, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder Herkunft, wegen ihres Geschlechtes oder ihrer Ansichten auf der Straße, in Bussen und Bahnen, an allen offenen und geschlossenen Orten entwürdigt, diffamiert oder beschimpft werden. Was mit Sprache und Worten beginnt, endet in Handlungen. So sind wir entsetzt, aber nicht überrascht, dass Menschen zu Schaden, zu Tode gekommen sind.

Wo wir stehen, wo jeder Einzelne von uns sich positioniert, muss er oder sie sich in einer zunehmenden Atmosphäre von Diskriminierung und Alltagsrassismus nun bewusst machen. Es gibt nicht „ein bisschen rassistisch sein“, es gibt kein „ein bisschen diskriminieren“. Jede Diskriminierung, die nicht mitgerechnet wird, ist ein fehlendes Puzzlestück, ein fehlendes Verbindungsglied, das Terrorakte als Einzeltat erscheinen lässt.

Der Sozialdienst muslimischer Frauen fordert von der Politik, Medien, Kulturschaffenden und der Zivilgesellschaft eine würdigende und sensible Haltung gegenüber allen Menschen.

Wir brauchen mehr Zusammenhalt und mehr Verständnis füreinander. Der Terrorakt in Hanau ist keine überraschende Handlung eines Einzeltäters. Die Muslime und Migranten sind durch die bedrückende Atmosphäre der letzten Zeit, durch die politischen Entwicklungen und sich immer mehr verbreitende mangelnde Sensibilität gegenüber einzelnen Gruppen sehr beunruhigt. Diese Unsicherheit kann nur durch die Übernahme von mehr Verantwortung für eine starke Demokratie und eine offene Gesellschaft überwunden werden.

Frauen sollen um sich und ihre Kinder keine Angst haben und befürchten müssen, in der Öffentlichkeit verbal und körperlich angegriffen zu werden. Muslime sollten sich in der Moschee, Christen in der Kirche und Juden in der Synagoge in Sicherheit auf ihre Spiritualität konzentrieren können. In Deutschland dürfen wir gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit keinen Platz geben.

Wir wissen und schätzen den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und vertrauen auf die Mehrheit. Aber dieses Vertrauen allein reicht nicht aus. Der gesellschaftliche Zusammenhalt muss sowohl für die Befürworter der Demokratie als auch Gegner der Demokratie und des Rechtsstaates spürbar werden.

Daher rufen wir alle Kräfte der Zivilgesellschaft dazu auf, sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einzusetzen. Wir rufen die Regierenden dazu auf, angefangen von der NSU, die Hintergründe nicht aufgeklärter menschenfeindlich motivierter Angriffe aufzudecken und eine lösungsorientierte Debatte über die Ursachen und Bekämpfungsstrategien rassistischer Gesinnung zu führen, um dem folgend effektive Maßnahmen zu ergreifen. Dadurch kann das Vertrauen in unsere Demokratie und Rechtstaatlichkeit gefestigt werden und die Menschen sich in Deutschland als ihre Heimat sicher fühlen.

 

Empfohlene Links zu den Anschlägen in Hanau:

Rede des Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu den Ereignissen in Hanau

Rede der Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Ereignissen in Hanau