Der Sozialdienst muslimischer Frauen ruft muslimisch und migrantisch gelesene Frauen und Frauenorganisationen, anlässlich des Internationalen Frauentags auf, ihre Stimme zu erheben und rechtsextremer Gesinnung keine Räume zu überlassen. 

Frauen haben die Kraft, die Gesellschaft zu verändern. Nicht nur weil sie als Mütter die Kinder beeinflussen könnten, sondern auch weil sie eine soziale und treibende Kraft sind. Menschenfeindliche Gruppen und Ideologien säen Angst und Unsicherheit. Frauenvereine und insbesondere aktive Frauen mit einer Migrationsbiografie dürfen dagegen ihre Motivation nicht verlieren sich für die Gesellschaft zu engagieren. Frauen und Frauenvereine rufe ich auf, ihre Kraft zu nutzen und das Land und die Zukunft unserer Nachfahren in Deutschland nicht in die Hände der rechtsradikalen Gesinnung zu geben. Dafür müssen wir uns stärker gegen rechts solidarisieren. Wir müssen uns für die Demokratie und die Wahlen in den nächsten Jahren 2025 und 2026 bereits jetzt stark machen. Jedes nicht genutzte Wahlrecht, kann eine Stimme für die Spaltung unserer Gesellschaft bedeuten. Dazu rufe ich auch die Bundeszentrale für politische Bildung und die Stiftungen auf, mehr für die politische Bildung migrantisch gelesener Frauen zu investieren“ so die Bundesvorsitzende Ayten Kılıçarslan. 

Der Internationale Frauentag ist mehr als nur ein Festtag. Er ist eine Erinnerung an den langen Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter, der in der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts seinen Ursprung hat. Damals kämpften Frauen für bessere Arbeitsbedingungen, gleiche Bezahlung und – allen voran – das aktive und passive Wahlrecht.  

1906 waren die Finninnen die ersten Frauen in Europa, die an Wahlen teilnehmen konnten. Aber es dauerte bis 1991 (im Schweizer Kanton Appenzell Innerrhoden) bis alle Frauen in Europa an allen Wahlen teilnehmen konnten.  Das errungene Wahlrecht war ein Meilenstein für die politische Teilhabe von Frauen.  

Im Deutschen Reich wurde 1918 das Frauenwahlrecht eingeführt und an der ersten Wahl 1919 nahmen 82,3 % aller wahlberechtigten Frauen an der Wahl teil. Im ersten frei gewählten Parlament waren 10% aller Abgeordneten Frauen – eine Zahl, die erst 1983 in der Bundesrepublik Deutschland übertroffen wurde. 

Reaktionäre Kräfte haben schon früh versucht, die Uhr zurückzudrehen und die Rechte von Frauen zu beschneiden, so beschloss die NSDAP auf ihrer ersten Mitgliederversammlung am 21. Juni 1921 in München „eine Frau kann in der Führung der Partei und in den leitenden Ausschuss nie aufgenommen werden.“ 

Gruppen, die Menschen nach Zugehörigkeit zu einer Schicht, einem Geschlecht, einer Ideologie oder der Herkunft klassifizieren, raubten zuerst Frauen in ihren eigenen Reihen das passive Wahlrecht, nach dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien im Jahr 1933 allen anderen Parteien in Deutschland die Wählbarkeit und zwei Jahre später allen jüdischen Bürger:innen. So, wie sich auch heute rechtsradikale Kräfte keine politische und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit einer Migrationsbiografie wünschen. 

Wahlrecht: Ein Meilenstein, aber noch nicht genug: 

Die Mütter des Grundgesetzes führten den Kampf für die Gleichberechtigung auch in 20. Jahrhundert weiter. Das Grundgesetz enthielt zwar die ersten Meilensteine für eine Gleichberechtigung im Jahr 1949, dennoch wurden die rechtlichen Rahmen nicht vollendet. Das Mutterschutzgesetz trat erst 1950 in der ehemaligen DDR und 1952 in ehemalige BRD in Kraft. Das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau trat in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) erst 1958 in Kraft. Frauen durften ihr eigenes Konto erst ab 1958 eröffnen und sowohl ihr Vermögen als auch ihr Gehalt in eigenem Konto verwalten.  

Bis 1958 die Gleichberechtigung von Mann und Frau gesetzlich anerkannt wurde, lag der Entscheidungsmacht, ob die Ehefrau arbeiten durfte, beim Ehemann. Ein Ehemann durfte bis dahin jederzeit das Arbeitsverhältnis seiner Frau kündigen. Frauen in der BRD durften bis 1977 nur dann berufstätig sein, wenn das “mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar” war. Somit wurden die Aufgaben im Haushalt und in der Kindererziehung bis das Reform des Ehe- und Familienrechts geregelt werden konnte, an Frau zugeordnet. 

Doch trotz dieses historischen Schrittes sind Frauen in vielen Bereichen der Gesellschaft weiterhin unterrepräsentiert. Im heutigen Bundestag sind lediglich rund 35% Frauen.  

Natürlich dürfen und sollen Frauen zu Hause bleiben und sich um die Familie kümmern, wenn sie es wünschen. Aber sie sollten auch ihre Stimmen erheben und für ihre Rechte einstehen, wenn sie die Sorgearbeit in der Familie fair teilen möchten. Die alten Vorurteile, die Frauen an den Herd und in die Kinderbetreuung zurückdrängen wollen und mit festen Rollenzuschreibungen das Geschlecht wichtiger als ihre Bürgerrechte erklären, haben keinen Platz in unserer Gesellschaft. 

Auch die Rolle von migrantisch gelesenen Personen sind in unserem politischen Leben nach wie vor unterrepräsentiert. Nur 11 % der Abgeordneten des Bundestages haben eine Migrationsbiographie, während rund 15% der Deutschen und 28% der Gesamtbevölkerung eine Migrationsbiographie haben. 

Das Wahlrecht ist ein zentrales Instrument zur Stärkung von Frauen und zur Integration in die Deutsche Gesellschaft. Es ermöglicht uns, unsere Interessen zu vertreten, die Zukunft aktiv mitzugestalten und die Geschicke der Gesellschaft zu beeinflussen. 

Wir möchten insbesondere migrantischen Frauen Empowerment durch Bildung und Motivation ermöglichen, so dass Sie ihre Rechte reflektieren und in Bereichen der Politik und insbesondere Lokalpolitik mitsprechen können. Denn Frauen mit Migrationsbiografie haben oft einen erschwerten Zugang zu politischer Beteiligung. Dies soll sich ändern. 

SmF-Bundesverband