Gedenktag an den 30. Jahrestag nach dem Brandanschlag in Solingen

23.05.2023

Am Dienstag 23.05.2023 hat das Netzwerk der Düsseldorfer Integrationsagentur mit einem Zitat von Mevlüde Genç zum Gedenken an den 30. Jahrestag nach dem Brandanschlag in Solingen eingeladen: „In der Nacht habe ich geweint. Aber am Tag danach habe ich meinen überlebenden Kindern ins Gesicht lächeln müssen, um dafür zu sorgen, dass der Hass nicht Eingang findet in ihre Herzen.“ 

Unter den eigeladenen Gästen waren auch die Enkelkinder und Geschwister Can und Özlem Genç anwesend. Die Ausschnitte des Films „93/13 – 20 Jahre nach Solingen“ von Mirza Odabaşı und Erinnerungen von Özlem Genç sorgten für emotionale Momente. Ein interaktiv gestaltetes Programm lud zudem Teilnehmende ein, über hinterlassene Spuren des Solinger Anschlags zu berichten.

Einige erinnerten sich über die damalige negative Stimmung aber auch daran wie politische Debatten und Brandanschläge sie eingeschüchtert hatten. Andere waren dankbar mehr erfahren zu dürfen, um die Sensibilitäten verstehen zu können, weil sie selbst aufgrund ihrer weißen Position in der Gesellschaft keinen Hass erfahren haben. Eine Beteiligte berichtete, dass sie 1987 als fünfjähriges Kind selbst einem rassistischen Brandanschlag entkommen konnte, der Solinger Anschlag jedoch ein erneutes Trauma bei ihr auslöste und sie darin motivierte in der Antirassismusarbeit tätig zu werden.

Es folgten Impulsreferate von Vorstandsvorsitzende Ayten Kılıçarslan und Rechtsextremismusforscher Prof. Dr. Fabian Virchow und eine Podiumsdiskussion in der Moderation von Dr. Derya Gül-Şeker von der Universität Duisburg-Essen über die Auswirkungen des Rassismus und Diskriminierung, Opfer-Täter-Umkehr, den Umgang mit Opfern, Erwartungen an die Medien und der Polizei sowie der Politik. (Hier der Impulsvortrag von Vorstandsvorsitzende Ayten Kılıçarslan in voller Länge)

Die Geschichten und die Vielfältigkeit der Opfer müssen sowohl von der Zivilgesellschaft als auch von der Politik und den Medien in Vordergrund gestellt werden. „Es kann nicht die Pflicht der Opfer sein, über das erlebte zu sprechen und die Erinnerung wach zu halten. Diese Aufgabe gehört in erster Linie der Politik und der Zivilgesellschaft“, so der Prof. Dr. Virchow. Zudem wurde festgehalten, dass die Opfer mit ihrer Trauer und Traumata alleine gelassen werden. Es dürfen auch über die bisherigen Straftaten nicht geschwiegen und die Opfer sowohl materiell als auch seelisch nicht auf sich gestellt werden. Sogar die psychologische Betreuung wird im Privaten verschoben, wobei die Opfer schwer sich um ihre Traumata erkennen und therapieren können. Die Sorge muss strukturiert werden, auch dass sie unter Arbeitsminderung oder Dauer-Arbeitsunfähigkeit leiden und entsprechende Fürsorge erleben sollten.

In Zusammenarbeit mit der Wissenschaft und Zivilgesellschaft kann die Politik darauf aufmerksam gemacht werden, welche Folgen falsche Politik haben kann, wie am Beispiel unter Verschluss gehaltene Akten der NSU. Auch im Fall Solingen gäbe es noch nicht erhellte Fragen über die Beteiligung der V-Männer und warte noch auf eine Aufklärung.