Am 16. Oktober 2025 fand in Berlin die 5. Bildungsministerkonferenz statt. In dem jährlichen Gespräch der Bildungsministerkonferenz mit den Migrantenorganisationen, an dem auch der SmF mit Bundesvorsitzende Ayten Kılıçarslan teilnahm, kündigte die Konferenz an, die bisherigen gemeinsamen Empfehlungen der KMK aus den Jahren 2007 und 2013 zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Die Teilnehmenden wurden eingeladen, sich aktiv einzubringen.
Im Mittelpunkt der Konferenz standen die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2024, der die Kompetenzen von Neuntklässler*innen in Mathematik, Biologie, Chemie und Physik untersuchte. Das Ergebnis: flächendeckende Kompetenzrückgänge in allen vier Fächern seit 2018 – ein deutliches Warnsignal für die deutsche Bildungslandschaft.
Handlungsbedarf in der Bildungspolitik
Bundesbildungsministerin Karin Prien betonte bezüglich der KMK, die Ergebnisse seien ein ernstzunehmendes Alarmsignal. Sie rief Bund, Länder und Kommunen zu einem engen Schulterschluss auf und forderte eine konsequente Qualitätssicherung sowie mehr Fokus auf Lesen, Schreiben und Rechnen. Auch Ministerin Simone Oldenburg sprach sich für eine gemeinsame Kraftanstrengung zur Stärkung der Basiskompetenzen aus.
In ihrer Eröffnungsrede betonte Staatsministerin Anne Stolz, dass eine enge Kooperation mit Eltern eine zentrale Voraussetzung für Bildungserfolg sei. Diese Aussage knüpfte unmittelbar an das Schwerpunktthema des Formats an, bei dem der SmF teilnahm: das „Jährliche Gespräch der Bildungsministerkonferenz mit den Vertreterinnen und Vertretern der Organisationen von Menschen mit Migrationshintergrund“.
Die beteiligten Migrantenorganisationen hatten das Thema „Rahmenbedingungen für erfolgreiche Kooperationen zwischen Verbänden, Ländern und Bildungseinrichtungen am Beispiel der Bildungs- und Erziehungsarbeit (Elternarbeit)“ als gemeinsamen Schwerpunkt gewählt.
Aus Sicht des Sozialdienstes muslimischer Frauen ist die Teilnahme an der Bildungsministerkonferenz ein wichtiges Signal. “Der Dialog zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft ist notwendig. Es ist wichtig, dass die Adressaten und Brückenbauende sich gegenseitig kennen. Doch die Zeit für einen vertieften Austausch bleibt zu kurz”, so Ayten Kılıçarslan.
Der Sozialdienst muslimischer Frauen stellt fest, dass Bildung in Deutschland zwar Ländersache ist, die Herausforderungen jedoch in allen Bundesländern ähnlich sind. Daher hält der Verband den Austausch auf Bundesebene für dringend erforderlich. Gleichzeitig braucht es neue, erweiterte Austauschformate, die über klassische Sitzungen hinausgehen und Eltern, Schüler*innen, Wissenschaft, Bildungsträger und Schulleitungen stärker einbeziehen.
Nach Einschätzung des SmF beruhen viele Strukturen der deutschen Bildungspolitik auf veralteten Grundlagen, die immer wieder nur punktuell angepasst werden. Erforderlich sind grundlegende Veränderungen, Mut zu Innovation und der Wille, Bildung neu zu denken.
Der SmF beobachtet, dass Kinder und Eltern häufig andere Realitäten erleben als die Bildungspolitik wahrnimmt. Bereits in der frühen Kindheit machen viele Kinder Erfahrungen von „Anderssein“ und Ausgrenzung. Diskriminierung beginnt oft schon in der Grundschule und setzt sich fort.
Trotz zahlreicher Fördermaßnahmen fällt es schwer, Jugendliche langfristig zu motivieren, wenn sie keine echte Perspektive sehen. Auch Eltern fühlen sich in Bildungsfragen häufig überfordert und alleingelassen. Die wenigen punktuellen und geringen Projektförderungen reichen nicht aus. Es braucht zusätzlich Vertrauen, Nachhaltigkeit und eine strukturelle Verankerung in der Bildungspolitik.
Als muslimischer Wohlfahrtsverband appelliert der SmF an Politik und Gesellschaft, gemeinsam Verantwortung für Chancengerechtigkeit zu übernehmen.
Es reicht nicht aus, alte Empfehlungen zu überarbeiten – es braucht neue Wege, um Bildung inklusiver und gerechter zu gestalten.
Der Verband fordert, Barrieren für Elternbeteiligung abzubauen und Eltern in ihrer Erziehungsfähigkeit zu stärken. Ebenso müssen Diskriminierungserfahrungen von Kindern und Eltern ernst genommen und systematisch aufgearbeitet werden.
Schüler*innen sollten in der Schule Anerkennung für ihre Identität erfahren und darauf vertrauen können, dass gute Leistungen zu guten Noten und zu echten Aufstiegschancen führen.
Dazu müssen alle Strukturen, die Diskriminierung ermöglichen, kritisch überprüft und verändert werden – gemeinsam mit den Betroffenen.
Der Sozialdienst muslimischer Frauen e. V. versteht sich nicht als klassische Migrantenorganisation, legt aber großen Wert auf die Mitwirkung in bildungspolitischen Prozessen. Der Verband vertritt die Interessen und Lebensrealitäten muslimischer und migrantisierter Familien in Deutschland – mit dem Ziel, Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit für alle Bevölkerungsgruppen zu fördern.
Seit seiner Gründung arbeitet der SmF daran, Brücken zwischen Eltern, Schüler*innen, Schulen und Bildungsträgern zu bauen. Denn Teilhabe in der Bildung und Mitgestaltung der Bildungspolitik sind für den Verband zentrale Voraussetzungen für gesellschaftlichen Zusammenhalt.