Mit schmerzlicher Dringlichkeit mahnt uns erneut der 32. Jahrestag des rassistischen Brandanschlags von Solingen. Denn hier verloren am 29. Mai 1993 fünf unschuldige Menschen, allein aufgrund ihrer türkischen Herkunft, auf tragische Weise ihr Leben.
Der Solinger Brandanschlag vom 29. Mai 1993 stellt ein tiefes Trauma in der deutschen Geschichte dar und erinnert uns eindringlich an die zerstörerische Kraft von Hass und Intoleranz. Wir gedenken den Opfern dieses abscheulichen Verbrechens:
- Gürsün İnce (27 Jahre)
- Hatice Genç (18 Jahre)
- Gülüstan Öztürk (12 Jahre)
- Hülya Genç (9 Jahre)
- Saime Genç (4 Jahre)
Jedes Jahr dient dieser Tag der Erinnerung an die Opfer und der Betonung der Notwendigkeit einer wachsamen Zivilgesellschaft. Die Erinnerung an diese Gräueltat muss uns stets daran mahnen, dass die Gefahr von rechtsextremer Gewalt real und omnipräsent ist.
An dieser Tat wird seit Jahren mit Beteiligung von Stadt Solingen erinnert. Es wurde durch das Land NRW ein Mevlüde Genç-Preis ins Leben gerufen. Auch der Tat wurde in späteren Jahren nach dem Anschlag bundesweit Teil der Erinnerungskultur. Denn das war eine der Höhepunkte, nach mehreren Anschlagsserien. Doch wurde nicht genug Lehren daraus gezogen, so dass die Mordserien weitergingen und deren Aufklärung nicht besser wurde. NSU, München, Halle, Hanau sind einige Beispiele. Auch in Solingen wiederholte sich der Mordanschlag in der Nacht des 25. März 2024 einer jungen, bulgarisch-türkischen Familie. Ein Wohnhaus, das vor allem von Migrant*innen bewohnt wurde, stand in Flammen. Wie später raus kam, wurde der Brand vorsätzlich gelegt.
- Katya Zhilova (28 Jahre),
- Kancho Zhilov (29 Jahre),
- Ayshe Zhilova (3 Jahre) und
- Nihat Zhilova (wenige Monate)
verloren in den Flammen ihr Leben. Es sind Namen, die sich neben denen von 1993 in unser kollektives Gedächtnis brennen müssen – als ständige Mahnung an die schreckliche Realität rassistischer Gewalt.
Die Tragödie wurde zusätzlich dadurch verschärft, dass die Behörden den Brandanschlag anfänglich fälschlicherweise nicht als rechtsextremistisch einstuften. Unterstreicht dies nicht auf alarmierende Weise die Notwendigkeit einer umgehenden Neubewertung und Intensivierung des Kampfes gegen Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland?
Obwohl die Ermittlungsbehörden zunächst erklärten, es gäbe keine Hinweise auf ein rechtsextremes Motiv des Täters, traten im Verlauf des Prozesses neue Indizien zutage, die eindeutig für eine rassistische Gesinnung des Täters sprechen. Hinweise, denen Polizei und Staatsanwaltschaft offenbar nicht nachgingen oder die nie in die Akten gelangten. Eine absolut inakzeptable Fehleinschätzung welche das Vertrauen der Bevölkerung in unseren Rechtsstaat sowie die Schutzfunktion der staatlichen Institutionen untergräbt.
Es muss den Opfern und ihren Familien endlich die Gewissheit gegeben werden, dass ihr Leid nicht umsonst war und dass alles getan wird, um die Wiederholung solcher Taten zu verhindern.
Die alarmierenden Zahlen von rassistisch motivierten Straftaten in Deutschland zeigen, dass das Problem nicht abnimmt, sondern in vielen Bereichen sogar zunimmt. Aktuelle Studien und Berichte belegen einen besorgniserregenden Anstieg von Hasskriminalität und Diskriminierung. Dies erfordert eine unmissverständliche und starke politische Antwort. Es ist nicht länger ausreichend, Betroffenheit zu äußern und zu gedenken. Es müssen konkrete und nachhaltige Maßnahmen ergriffen werden, um Rassismus an der Wurzel zu packen und die Strukturen, die ihn begünstigen, aufzubrechen.
Der 29. Mai 2025 muss mehr sein als nur ein Tag des Gedenkens. Diese Daten sind ein klarer Aufruf zu verstärktem Handeln. Wir lehnen es ab, weitere Gedenktage für Opfer rassistischer Gewalt zu erleben. Die Frage ist nicht länger, wie viele Gedenktage wir noch hinnehmen müssen, sondern wie wir dies endlich beenden.
Die jüngsten Ereignisse in Solingen sind ein bitterer Beweis dafür, dass der Kampf gegen Rassismus einfach noch lange nicht gewonnen ist. Es ist eine politische Verantwortung sich diesem Thema mit größter Ernsthaftigkeit zu widmen. Die Zeit des bloßen Bedauerns ist vorbei; es ist Zeit für entschlossenes Handeln!
Am 29. Mai 2025 nahmen auch Familienangehörige der Opfer der Anschläge in Hanau (21. Februar 2020) und Mölln (23. November 1992) an der Gedenkveranstaltung teil. Die seit 2024 etablierte Mevlüde-Genc-Rede wurde von Prof. Dr. Wolfgang Benz gehalten. Die Moderation des Gedenktages übernahm die Abteilungsleiterin Integration des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.
Neben der Familie Genc und Opfern weiterer Anschläge nahmen an der Gedenkveranstaltung auch der Oberbürgermeister der Stadt Solingen, die nordrhein-westfälische Ministerin Josefine Paul, Bundes- und Landtagsabgeordnete der SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie Vertreter der Zivilgesellschaft, darunter der SmF-Bundesverband, teil.