KitaMUTter – Jahresrückblick 2022

21.09.2022

Ein wesentlicher Baustein demokratischen Zusammenlebens beinhaltet, sich zu beteiligen, mitzubestimmen und zu gestalten. Doch kann ich das und wie und wo kann ich das tun? Der erste Schritt könnte sein, sich in der Kita der eigenen Kinder zu engagieren. KitaMUTter ist ein Projekt für Mütter mit und ohne Migrationshintergrund, deren Kinder eine Kita in Kempten besuchen. Im Rahmen des Projektes sollen die Teilnehmerinnen für mehr Partizipation in Kitas geworben, begleitet und bestärkt werden. 

Deshalb hat der Sozialdienst muslimischer Frauen Kempten – SmF Kempten e.V. eine Reihe von Workshops und Gesprächskreisen, die eigens für das BAMF geförderte Projekt konzipiert wurden, initiiert, die darauf abzielen, die Mütter für mehr Ehrenamt, Partizipation und Teilhabe zu befähigen. Von Empowerment-Workshops, Erste-Hilfe-Kursen am Kind bis hin zu PC-Kursen über Ausflüge zum Bayerischen Landtag wird das KitaMUTter Projekt verschiedene Aktionen anbieten, bei denen alle Mütter aus Kempten und der Umgebung eingeladen sind, teilzunehmen. 

 

Das Auftakttreffen 

Das KitaMUTter – Projekt startete im November 2021. Im Rahmen eines Tages der offenen Tür hatten alle Interessierten die Möglichkeit, sich über das Projekt zu informieren sowie die Mitarbeiterinnen und die Räumlichkeiten kennenzulernen. 

Coronabedingt wurde das Auftakttreffen als Tag der offenen Tür gestaltet, um allen interessierten Müttern die Möglichkeit zu bieten, sich mit dem Projekt vertraut zu machen, die Räumlichkeiten des SmF kennenzulernen und mit den Mitarbeiterinnen ins Gespräch zu kommen. 

KitaMUTter – ermutigen, stärken, fördern. Gemäß diesem Slogan wurden die Räume des SmF in der Fürstenstraße dekoriert. Gleich im Eingangsbereich befand sich der “Mut-Raum”. “Mut ist die zentrale Säule unseres Projektes”, sagt Ayla Inan, Leiterin des Projektes. An einer Pinnwand konnten die Mütter verschiedene Begriffe heften, die sie mit Mut in Verbindung bringen. Genannt wurden u.a. Stärke zeigen, Neues wagen, für sich einstehen, eigene Ansichten vertreten, Konflikte lösen, sich bereit fühlen, Hindernisse überwinden, sich trauen. Ebenfalls bestand die Möglichkeit zu notieren, wofür die Frauen bisher Mut brauchten: z.B. um Höhenangst überwinden, vor Gruppen sprechen, heiraten, ihre Meinung vertreten oder sich durchzusetzen. 

Im zweiten Raum, dem “Stärke-Raum”, präsentierte der SmF das KitaMUTter-Kursangebot. Mit Klebepunkten konnten die Teilnehmerinnen ihren Interessen bekunden. Das Kursangebot beinhaltet Computerkurse, Themencafés, Exkursionen und einen Erste-Hilfe-Kurs. “Die Interessen der Mütter könnten nicht unterschiedlicher sein,” freut sich Eloina Ehrenhardt, Projektassistentin. “Dass der Erste-Hilfe-Kurs mit elf Punkten auf Platz 1 und der Besuch des Bayerischen Landtags in München auf Platz 2 rangieren, war uns im Vornherein klar. Platz 3 teilen sich überraschenderweise die Workshops “Rhetorik – Wie überzeuge ich andere?” und “Demokratie und Freiheit in Deutschland”.” 

Im dritten Raum, der sich dem Thema “fördern” widmete, drehte sich alles um das Ehrenamt in Kindertagesstätten: Was macht das Ehrenamt aus? Die Teilnehmerinnen konnten auch hier Begriffe, die sie mit Ehrenamt verbinden, an die Pinnwand heften: Helfen, Zeit schenken, Gemeinwohl, Teamwork, Empathie, mitmachen, offen für alle, wertvoll, Gutes tun, Menschen verbinden, mitbestimmen. Auf die Frage, was Eltern in Kitas machen, hatten die Mütter sehr konkrete Vorstellungen: Feste gestalten, helfen, (Laternen) basteln, backen oder sich im Elternbeirat engagieren. Damit verbunden wollten wir wissen, ob sich Mütter bereits in Kitas engagieren: Sechs Mütter antworteten mit Ja. 

 

Dem eigenen Glück begegnen – Ressourcenarbeit und Empowerment für Frauen und Mütter 

Der erste KitaMUTter – Workshop mit dem Titel “Dem eigenen Glück begegnen” startete mit einer vollen Ladung Empowerment. Die eigenen Stärken und Potenziale wahrnehmen und erkennen, Zeit für sich selbst zu haben und Zukunftsbilder zu entwerfen – das geht sehr schnell im Familienalltag mit kleinen Kindern unter – welche Mama kennt das nicht? Angelehnt an das Kraftressourcen-Modell von J. Jeske konnten die teilnehmenden Mütter in verschiedenen Bereichen wie Familie, Schule/Kita, Alltag und Arbeit für die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten sensibilisiert werden. Danach hatten die Frauen die Möglichkeit, ihre Ergebnisse im Plenum vorzustellen. Für viele Teilnehmerinnen ist Zeit ein wichtiger Faktor. Als Familienmanagerinnen stehen sie unter Druck, Familie, Kundenbetreuung und Erwerbtätigkeit zu stemmen. Auch stellte die Coronazeit Familien und insbesondere Mütter vor große Herausforderungen. Darüber zu sprechen und die eigenen Ressourcen sichtbarzumachen, diente auch dazu, das eigene Selbstbild zu stärken. 

 

Workshop Partizipation: Chancen nutzen! – Teilhabe und Vernetzung von Müttern in Kitas  

Kitas bieten sich nicht nur als Ort der Inklusion für Kindern mit Migrationsgeschichte an, sondern auch für ihre Eltern – und das idealerweise zu einem frühen Zeitpunkt. Wie in vielen Ländern weltweit gilt auch in Deutschland das Verständnis, dass Kitas die Familien in ihren Aufgaben durch Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder unterstützen. Anders als in vielen anderen Ländern sind Eltern hier jedoch über diesen Teil der Zusammenarbeit hinaus eingeladen, bei Veranstaltungen und in der Elternvertretung aktiv zu werden, z.B. durch den Auf- und Abbau bei Festen und als Elternvertretung, d.h. als Ansprechpartner für andere Eltern in den Gruppen der Kinder. 

In unserem wiederkehrenden Angebot reflektieren und erarbeiten wir mit unseren Teilnehmerinnen, wie sie sich in den Kitas einbringen können. Bei unserem ersten Treffen ging es vor allem um die Rechte und Pflichten der Eltern in Kitas, im Vordergrund stand natürlich der §14 des BayKiBiG und die Empfehlungen zur Elternmitwirkung aus der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Kitas des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales. 

Einige Mütter sind bereits in ihren Kindertagesstätten aktiv und berichteten von ihren vielseitigen Erfahrungen. Darüber hinaus wurde über Beschwerdemöglichkeiten und Rückmeldungsoptionen an Träger und Leitungen gesprochen.  

 

Mutter-Kind-Frühstück: Essen schafft Gemeinschaft 

Nach den ersten Workshops mit mäßiger Teilnehmerzahl stellten wir als Projektteam fest, dass unser Angebot offener werden muss. Offener für Mütter mit Kleinkindern, die noch keine Kita besuchen bzw. keine anderweitige Betreuungsmöglichkeiten haben. Um möglichst vielen Frauen die Möglichkeit zur Teilnahme zu bieten, luden wir die Mütter in den folgenden Veranstaltungen dazu ein, ihre Kinder zu einem gemeinsamen Mutter-Kind Frühstück mitzubringen. Dies eröffnete einen gemeinsamen Raum, um sich kennenzulernen, sich auszutauschen und Gemeinsamkeiten zu finden. Für unsere kleinen Besucher haben wir eine Spielecke eingerichtet, um ihnen ein wenig Abwechslung zu bieten. Auch nutzten wir die Möglichkeit, während der Gespräche am Tisch verschiedene Themen einfließen zu lassen. U.a. erarbeiteten wir gemeinsam, wie man Protokolle schreibt, was das Spannende an Social Media ist und welche Möglichkeiten sich dazu im Bereich Kita-Ehrenamt eröffnen. Ebenfalls boten wir kleine philosophische Gesprächsrunden zu Themen wie “Was ist Gemeinschaft”, “Was ist Mut” und “Muss jeder Mensch teilhaben?” an. 

 

Workshop Rassismus in Kitas 

Der SmF Kempten setzt sich grundsätzlich für ein starkes Miteinander ein und möchte die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen stärken. Daher war es uns ein besonderes Anliegen im Rahmen der Internationalen Woche gegen Rassismus einen Workshop zum Thema “Rassismus in Kitas” anzubieten.  

Schon im Kindesalter beginnt mit der Definition von WIR und IHR eine Abgrenzung vom scheinbar “anderen”. Kinder haben feine Antennen und sind gute Beobachter. Sie sind neugierig und stellen ihre Fragen ganz unbedarft/ehrlich: “Warum trägt deine Mutter ein Kopftuch?”, “Welche Sprache sprecht ihr?”, “Könnt ihr deutsch?”, “Warum feiert ihr kein Weihnachten?”, “Warum ist deine Haut dunkler als meine?”. Eltern sehen sich mit diesen Fragen oft konfrontiert, manchmal in Hörweite der betroffenen Kinder und ihrer Eltern. Kinder erziehen bedeutet nicht nur, nein zu sagen, sondern zu erklären. Manche Fragen lassen sich leicht beantworten, andere lassen sich nicht so leicht erklären. Im Workshop tauschten sich die teilnehmenden Mütter Erfahrungen und Ideen zu dem Thema Rassismus aus. Anhand alltäglicher Situationen übten die Teilnehmerinnen, Rassismen und Diskriminierungen zu erkennen und ihre Mechanismen zu erkennen. Gemeinsam erarbeiteten wir Handlungsmöglichkeiten für ein starkes Miteinander. 

 

Netzwerktreffen “Kita Einstieg” und Kitas in Kempten 

Ein gutes Projekt lebt nicht nur von den Teilnehmerinnen, sondern auch von einem konstruktiven Austausch auf mehreren Ebenen: einerseits die Leitungen der örtlichen Kindertagesstäten, den Kolleg:innen vor Ort, aber auch der Verwaltungsebene in Stadt und Landkreis. Dies hat zum Ziel, einerseits die Bedarfe zu eruieren und besser abzudecken, aber auch neue Ideen, Themen und Impulse mit ins Projekt einfließen zu lassen. 

Das Projekt “Kita Einstieg” will Kindern aus sozial benachteiligten Familien den Zugang zur Kindertagesbetreuung erleichtern und wird gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das Netzwerktreffen mit dem Projektteam des Landratsamtes Oberallgäu ermöglichte uns, den Radius unserer Zielgruppe zu erweitern und in einen professionellen Austausch mit den Fachkräften vor Ort zu kommen. 

Das Netzwerktreffen für Kitaleitungen in Kempten, welches im Onlineformat stattfand, diente zunächst einmal dazu, den SmF Kempten, das Projekt und seine Mitarbeiterinnen besser kennenzulernen. Neben dem Erfahrungsaustausch standen auch eine bessere Vernetzung und Kooperation im Vordergrund. Ziel ist es, Synergien zu schaffen und weiterhin zu nutzen. 

 

Gut vorbereitet für den Notfall: Erste-Hilfe-Kurs für Mütter 

Kinder sind neugierig und erkunden ihre Welt. Im Haushalt, auf dem Spielplatz, auf der Straße, im Schwimmbad – überall können Situationen entstehen, die für einen Säugling lebensbedrohlich oder für ein Kleinkind gefährlich werden können. Schnelles Erkennen und Reagieren sowie richtiges Handeln können in den meisten Fällen Schlimmeres verhindern. 

Daher war es dem SmF Kempten ein besonderes Anliegen, in Kooperation mit einer Referentin des Allgäuer Bildungswerkes einen Erste-Hilfe-Kurs speziell für Mütter anzubieten. Insgesamt 21 interessierte Mütter nahmen an dem Erste-Hilfe-Kurs am 16. Juli 2022 teil. Ziel war es, die Mütter auf alle relevanten Baby- und Kindernotfälle vorzubereiten und ihnen die nötige Sicherheit zu geben, um im Notfall richtig zu reagieren. 

Die Referentin des Allgäuer Bildungswerkes klärte die Teilnehmerinnen über allgemeine Verhaltensweisen bei Unfällen, Notfällen und Rettungen auf. “Learning by doing ist unser zentrales Anliegen,” bekräftigt Ayla Inan, Leiterin des KitaMUTter-Projektes. “Wir möchten, dass die Mütter in jeder Situation optimal vorbereitet sind und entsprechend handeln,” fügt Eloina Ehrenhardt, Projektassistentin, hinzu. Daher übten die Mütter unterschiedlichen Maßnahmen in Kleingruppen. Im zweiten Abschnitt der Schulung gab die Referentin den Teilnehmerinnen einen guten Überblick über die unterschiedlichen Unfälle und Verletzungen: Bewusstlosigkeit, Atmung, Kreislauf, Ersticken, Wunden, Blutungen, Schock, Kopf-, Knochen- und Gelenkverletzungen, Verbrennungen, Erfrierung, Unterkühlung, Sonnenstich, Hitzeerschöpfung, Hitzschlag, Unterzuckerung und Krampfanfall, uvm. Besondere Gefahren, wie z.B. Stromunfall oder Ertrinken, wurden angesprochen und über Prävention und Unfallvermeidung aufgeklärt. 

 

Ausblick 

Nach der Sommerpause startet KitaMUTter mit einem philosophischen Frühstück am Freitag, den 16. September. In angenehmer Atmosphäre sprechen wir über Mut. Die beiden folgenden Termine beschäftigen sich mit dem Thema “Demokratie in Deutschland”. Um Theorie und Praxis zu verbinden, fahren wir gemeinsam mit den Teilnehmerinnen nach München und besichtigen den Bayerischen Landtag. Der Termin dafür steht bereits fest: Dienstag, der 18. Oktober 2022 (Anmeldung erforderlich). 

In den nachfolgenden Terminen dreht sich alles um die Themen Rhetorik, freies Sprechen, Präsentationstechniken und Öffentlichkeitsarbeit. Zusätzlich wird uns der Medienbeauftragte der Stadt Kempten Marcus Zahnleiter in einem Vortrag für Mütter über “Medienerziehung” sensibilisieren. 

Alle interessierten Mütter sind herzlich eingeladen, uns zu besuchen und an unserem Angebot teilzunehmen. Das Angebot ist kostenlos.  

 

 

 

Kontakt 

Sozialdienst muslimischer Frauen Kempten – SmF Kempten e.V. 

Fürstenstraße 23, 87439 Kempten/Allgäu 

Telefon 0831 526 199 37, Email kempten@smf-verband.de 

 

Ansprechpartnerinnen 

Ayla Inan, Vorstandsvorsitzende SmF Kempten und Projektleiterin 

Eloina Ehrenhardt, Projektassistentin 

Sabine Lurz Bianco, Projektmitarbeiterin 

 

 

KitaMUTter kurz erklärt 

Mit dem Projekt “KitaMUTter” werden Mütter mit und ohne Migrationshintergrund ermutigt, sich aktiv in den Kindertagesstätten ehrenamtlich zu engagieren. In Gesprächskreisen und Workshops wird der Grundstein für diese Teilhabe gesetzt. Die Teilnehmerinnen erlernen beispielsweise Kenntnisse in Öffentlichkeitsarbeit, Präsentationstechniken oder der Arbeit mit digitalen Medien. Das Ziel ist es langfristig das ehrenamtliche Engagement in bestehenden Strukturen zu stärken, zum Beispiel dass durch die Vorbildfunktion der Eltern ein Grundstein für ein zukünftiges ehrenamtliches Engagement der Kinder gelegt wird. 

Das Projekt wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) finanziert.