Am 16.11.2024 war die Zukunft der Seniorenhilfe unter Berücksichtigung der religiösen und kulturellen Bedürfnisse von Muslim*innen Thema der Fachtagung im Victor-Gollancz-Haus (VGH) in Frankfurt. Der Sozialdienst Muslimischer Frauen (SmF) organisierte die Veranstaltung im Rahmen seiner Koordinierungsaufgabe, um den Aufbau muslimischer Trägerstrukturen im Bereich der sozialen Dienste voranzutreiben.
Unter den Teilnehmenden waren Vertreter*innen des SmF, der Wohlfahrtsstelle Malikitische Gemeinde Deutschland (WMGD), der Ahmadiyya-Gemeinde (An-Nusrat), der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) sowie Expert*innen aus der Pflege und lokalen Organisationen. Der Workshop wurde im Rahmen eines vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Projekts durchgeführt. Dessen Teilprojekte von sechs sunnitisch- muslimischen und alevitischen Dachorganisationen gemeinsam umgesetzt wird und auf die Institutionalisierung einer religions- und kultursensiblen Seniorenhilfe abzielt.
Die Veranstaltung wurde durch Grußworte von Omar Kuntich (WMGD), Saadat Ahmed (An-Nusrat) und Hamidou Bouba (TGD) eröffnet. Ayten Kılıçarslan, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende des SmF hob in Ihrer Eröffnungsrede hervor, dass das Thema seit der dritten Phase der Deutschen Islam Konferenz (DIK) auf der politischen Agenda steht. Das Victor-Gollancz-Haus sei bewusst als Veranstaltungsort gewählt worden, um die beispielhafte Arbeit von Ute Bychowski und Dr. Hüseyin Kurt in der Betreuung muslimischer Senior*innen zu würdigen und als Paradebeispiel für die Inspiration der Beteiligten zu dienen.
Der Impulsvortrag von Ute Bychowski, die die Entwicklung der Altenhilfe in Deutschland skizzierte und auf die Herausforderungen für Pflegebedürftige mit Migrationshintergrund einging, stellte den Rahmen für die Fachtagung. Sie betonte, dass es trotz fehlender Statistiken geschätzt 400.000 bis 500.000 Pflegebedürftige mit Migrationsgeschichte gibt, von denen viele zu Hause betreut werden.
Im zweiten Teil präsentierten Bychowski und Dr. Kurt die Arbeit des VGH und erläuterten, wie das Pflegeheim die religiösen und kulturellen Bedürfnisse muslimischer Bewohner*innen in den Mittelpunkt stellt. Hier wurde die Möglichkeit gegeben das Pflegeheim zu besichtigen und Einblicke in die tägliche Arbeit zu gewinnen.
In anschließenden Gruppenarbeiten konnten gemeinsam Ideen darüber entwickelt werden, wie die gewonnenen Erkenntnisse in die Arbeit der eigenen Organisationen einfließen können.
Am Ende der Veranstaltung hielten die Teilnehmenden in Bezug auf Strukturen und Bedarfe muslimischer Senior*innen und ihrer Angehörigen folgende Themen und Bedarfe fest, an denen sie weiterarbeiten möchten: Zugang an Informationen und Aufklärung, offene und kultur- und religionssensible Beratung, politische Wirksamkeit, Schaffung von Möglichkeiten und Strukturen für die Einbringung bestehender Expertisen sowie für die Kostensicherung.
In ihrem Abschlussplädoyer stellte die Vorsitzende des SmF-Bundesverbandes Kılıçarslan fest, dass die Entwicklung gemeinsamer Strategien und der Aufbau von Regelangeboten nicht an der Politik scheitern darf. Dennoch ist es eine politische und gesellschaftliche Aufgabe, die Bedarfe muslimischer Senior*innen in Förderprogrammen zu berücksichtigen und die wertvollen und vielfältigen Expertisen in Systemen zu inkludieren. „Muslime sind nicht mehr nur Migrant*innen und ihre Forderungen dürfen nicht ausschließlich im Rahmen der Integration betrachtet werden.“