Ergebnisse der 96. Justizministerkonferenz 

11.07.2025

Am 5. und 6. Juni 2025 hat die 96. Justizministerkonferenz (JuMiKo) in Bad Schandau stattgefunden. Im Rahmen dieser Konferenz wurden wichtige Diskussionen geführt und Beschlüsse zur Weiterentwicklung der Justiz und des Rechtsstaats gefasst. 

Der Bundesverband Sozialdienst muslimischer Frauen nimmt dazu wie folgt Stellung: 

Ergänzung des Mord-Straftatbestandes § 211 StGB um ein weiteres Mordmerkmal bei Trennungs- und geschlechtsspezifisch motivierter Tötung 

Es wurde das Bundeslagebild des BKA „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“ erörtert. Es wird mit Sorge festgestellt, dass ein Anstieg von Straftaten, insbesondere von Tötungsdelikten gegen Frauen und Mädchen, zu verzeichnen ist. Die Konferenz stellte fest, dass man sich mit trennungs- und geschlechtsspezifisch motivierten Tötungen befassen muss und ein akuter Handlungsbedarf besteht, um die Gewaltkriminalität in diesem Bereich effektiver zu bekämpfen. 

Als Ergebnis wurde die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz darum gebeten, sich der Thematik anzunehmen und zu prüfen, ob eine Ergänzung des Mordtatbestandes nach § 211 Abs. 2 StGB um ein weiteres Mordmerkmal zur Erfassung von trennungs- und geschlechtsspezifisch motivierten Tötungen geboten ist. Außerdem wurde vereinbart, dass spätestens auf der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2026 über das Ergebnis der Prüfung berichtet wird. 

Als SmF-Bundesverband sehen wir eine solche Ergänzung des Mord-Paragrafen als wichtiges Zeichen und Thema an. Femizide stellen eine alltägliche Wahrheit unserer Gesellschaft dar und werden häufig als Totschlagsdelikt verurteilt, da ein entsprechendes gesetzlich festgelegtes Mordmerkmal fehlt. Wichtig ist jedoch die Unterscheidung: Während ein Totschlagsdelikt mit einer Strafe nicht unter fünf Jahren bestraft wird, wird bei Mord der Täter oder die Täterin lebenslang verurteilt. Aus unserer Sicht kann ein solches Mordmerkmal zur Prävention und zur Sichtbarmachung struktureller Gewalt führen. Gerade im Kontext der häuslichen Gewalt, bei Trennung und langjähriger Kontrolle, ist eine strafschärfende Verurteilung angebracht. 

Stärkung von Kindes- und Gewaltschutz durch eine rechtssichere und schnelle Einbeziehung polizeilicher Erkenntnisse in familiengerichtlichen Verfahren 

Die JuMiKo hat sich mit den rechtlichen Möglichkeiten des Informationsaustauschs zwischen der Polizei und Familiengerichten in Kindes- und Gewaltschutzverfahren befasst. Es sollen wechselseitige Übermittlungsbefugnisse in den Blick genommen werden. Ziel ist dabei, den Kinderschutz, insbesondere hinsichtlich der familiengerichtlichen Gefährdungsprognose sowie der notwendigen familiengerichtlichen Kontrolle der Einhaltung von kinderschutzrechtlichen Ge- und Verboten, zu stärken und damit Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls bestmöglich zu beschleunigen und umzusetzen. 

Aufgrund der steigenden Zahlen häuslicher, partnerschaftlicher und innerfamiliärer Gewalt soll zudem eine wechselseitige Übermittlungsbefugnis zwischen den Familiengerichten und der Polizei zur Verbesserung des Opferschutzes in Gewaltschutzverfahren überprüft werden. Dadurch soll eine schnelle, präzise und rechtssichere Weitergabe polizeilicher Erkenntnisse ermöglicht werden. Dies ist insbesondere für eilbedürftige familiengerichtliche Feststellungen zum Erlass einer Gewaltschutzanordnung oder nach einer polizeirechtlichen Wohnungsverweisung, sowie für die Ermittlung einer zustellfähigen Adresse der Antragsgegnerseite, wichtig. Somit kann eine solche Gewaltschutzanordnung zügig bekannt gegeben und wirksam werden. 

Die bestehende Rechtslage zur Verarbeitung und Übermittlung von Daten zwischen Polizei und Familiengerichten soll überprüft und gegebenenfalls ein gesetzlicher Änderungsvorschlag erarbeitet werden, der rechtssicher und ohne Verzögerungen einen effektiven Kindes- und Gewaltschutz gewährleisten kann. 

Als SmF-Bundesverband befürworten wir einen beschleunigten Umgang mit deutlichen Erkenntnissen und Vorfällen, sofern es Kindes- und Gewaltschutzangelegenheiten betrifft. Eine Entbürokratisierung in diesen Fällen ist unserer Meinung nach zielführend und wichtig, da die zuständigen Richter und Richterinnen, insbesondere in kurzfristigen Verfahren, alle Informationen benötigen, um geeignete Entscheidungen zum Schutz der Opfer treffen zu können. 

Zu beachten ist jedoch, dass in diesen Fällen die Gerichte stets sicherstellen müssen, dass die neue Anschrift der Zufluchtsuchenden bei Vorliegen einer Sperre im Melderegister (§ 51 Bundesmeldegesetz (BMG)) nicht herausgegeben wird. Die Schutzsperre darf durch diese Regelung nicht umgangen werden. 

Neuanfang für Opfer von häuslicher Gewalt erleichtern – Beendigung gemeinsamer Mietverträge beschleunigen 

In Fällen von häuslicher Gewalt, in denen das Opfer aus der gemeinsam angemieteten Wohnung geflüchtet ist, entstehen häufig Schwierigkeiten, sich aus diesem Mietvertrag zu lösen. Dadurch entstehen Hindernisse bei der Anmietung einer eigenen Wohnung. Man verbleibt in einem Vertrag, den man nur schwer kündigen kann, da in der Regel der Mitmieter der Kündigung zustimmen muss. Im Streitfall wird die Kündigung und Räumung der Wohnung regelmäßig erst durch ein Gerichtsverfahren erreicht. Das Opfer häuslicher Gewalt muss weiterhin für Forderungen aus dem Mietvertrag gemeinsam mit dem Täter bzw. der Täterin haften. Ein solcher Rechtsstreit soll künftig nicht mehr aufgezwungen und die Leidenszeit durch die fortdauernde Kontrolle soll beendet werden. 

Daher wurde die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz um eine zeitnahe Prüfung der Möglichkeit zur gesetzlichen Regelung solcher Fälle gebeten. Es soll eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, mit der die Durchsetzung des Zustimmungsanspruchs gegen den Mitmieter vereinfacht und beschleunigt wird. 

Als SmF-Bundesverband unterstützen wir diese Bitte. Gerade in Fällen, in denen das Opfer auf schnelle Hilfe angewiesen ist, sollte eine Möglichkeit bestehen, sich nicht nur räumlich, sondern auch vertraglich aus der gemeinsamen Wohnung zu entfernen, um so eine fortdauernde Kontrolle durch den/die Täter*in zu beenden. Eine Möglichkeit wäre, ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zu formulieren, durch das die Mitmieterin den Vertrag ohne Zustimmung des Mitmieters verlassen kann, oder eine Regelung, in der eine solche Zustimmung gesetzlich fingiert wird. 

Erweiterung der DNA-Analyse 

Weiterhin hat die JuMiKo über den von Seiten des Justizministeriums Baden-Württemberg und Bayern vorgeschlagenen TOP hinsichtlich der Erweiterung des DNA-Analyse-Verfahrens auf die biogeographische Herkunft diskutiert, jedoch keinen Beschluss gefasst. 

Als SmF-Bundesverband begrüßen wir, dass hierfür kein weiterer Beschluss gefasst worden ist. 

Erschreckend ist dabei, dass die Einführung der biogeographischen DNA-Analyse nur aufgrund eines Patts keine Mehrheit gefunden hat. Während sich die Unions-Justizminister*innen für die Einführung aussprachen, sprachen sich jene der SPD, Grünen, Linken und FDP dagegen aus. Thüringens Justizministerin Beate Meißner habe kein Verständnis für den Ausgang. Dies zeigt, dass das Thema noch Diskussionsbedarf birgt. 

Als SmF-Bundesverband halten wir eine Erweiterung der DNA-Analyse auf Informationen zur biogeographischen Herkunft für klar diskriminierend und rassistisch. 

Eine solche Datenerhebung würde einen zu starken Eingriff in die Grundrechte Einzelner darstellen und dazu führen, dass für Ermittlungsverfahren irrelevante Informationen verarbeitet werden. Abgesehen von der Stigmatisierungsgefahr ist auch nicht nachvollziehbar, inwieweit biogeographische Herkunftsdaten dazu dienen können, Rückschlüsse zur Identifizierung eines konkreten Verdächtigen zu bieten. 

Eine Bestimmung der „Abstammung“ eines Menschen durch eine ethnische oder geographische Herkunft kann regelmäßig keine Rückschlüsse auf die Nationalität eines Menschen bieten, sodass eine Identitätsfeststellung aufgrund dessen nicht möglich sein kann. Eine Kausalität zwischen Genen und tatsächlichem Aussehen ist nämlich nicht gegeben, sondern lediglich eine Korrelation. Dies ist unserer Ansicht nach nicht ausreichend, um so gravierend in die Grundrechte einzugreifen. Insbesondere, weil sich gelebte Merkmale von den genetischen unterscheiden können. Nicht nur im Geschlecht, sondern auch aufgrund äußerlicher Merkmale, wie z. B., dass Haare gefärbt oder ergraut sein können. 

Seit seiner Gründung hat sich der Sozialdienst muslimischer Frauen zu einem unverzichtbaren Akteur in der deutschen Wohlfahrtslandschaft entwickelt. Mit einer Vielzahl engagierter Ehrenamtlicher und zahlreichen Mitgliedsorganisationen fördert der SmF-Bundesverband aktiv die soziale, politische und gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen. Er engagiert sich entschlossen gegen jede Form von Diskriminierung und bietet vielfältige Unterstützung für verschiedene Zielgruppen wie Frauen, Kinder, Geflüchtete und Senior*innen in den Bereichen Empowerment, Inklusion, Gewaltschutz und Gewaltprävention. Durch intensive Netzwerkarbeit und die regelmäßige Einbringung seiner Expertise in politische Gesetzesvorhaben trägt der Verband maßgeblich dazu bei, eine gerechtere und inklusivere Gesellschaft aktiv mitzugestalten.