Antirassismus darf nicht zur Randnotiz werden

12.05.2025

SmF-Bundesverband fordert klare Haltung von der Bundesregierung

Mit einem eindringlichen Appell hat sich der Sozialdienst muslimischer Frauen heute in einem Offenen Brief an den Bundeskanzler und das Bundeskabinett gewandt.

Mit großer Sorge nehmen zahlreiche muslimische Organisationen und engagierte Bürger*innen zur Kenntnis, dass das Thema Antirassismus in der neuen Bundesregierung offenbar an Sichtbarkeit verliert. Das eigenständige Amt der Beauftragten für Antirassismus wurde abgeschafft, ohne dass eine Nachfolge benannt oder ein strukturierter Ersatz geschaffen wurde. Auch Maßnahmen gegen antimuslimischen Rassismus scheinen aktuell keine erkennbare politische Priorität zu genießen.

„Antisemitismus, antimuslimischer Rassismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit müssen mit gleicher Entschlossenheit bekämpft werden. Es darf keinen Wettbewerb um Aufmerksamkeit geben – gefragt ist eine geeinte Haltung gegen Hass und Ausgrenzung in all ihren Formen“, so Ayten Kılıçarslan, Bundesvorsitzende des Sozialdienst muslimischer Frauen (SmF-Bundesverband), einem bundesweit aktiven muslimischen Wohlfahrtsverband.

Bereits seit Jahren ist eine Zunahme von Spannungen und Ausgrenzungserfahrungen zu beobachten – besonders für muslimische Menschen in Deutschland. Wissenschaftler*innen und zivilgesellschaftliche Akteure warnen seit langem davor, dass die berechtigte Sensibilität gegenüber Antisemitismus nicht dazu führen darf, andere Formen von Rassismus zu relativieren oder aus dem Blick zu verlieren.

„Unsere offene, vielfältige Gesellschaft ist das Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung. Wer sie schützen will, muss alle ihre Mitglieder gleichermaßen vor Diskriminierung bewahren. Das erwarten auch die Millionen Menschen muslimischen Glaubens, die in Deutschland leben, arbeiten und sich engagieren“, betont Kılıçarslan weiter.

Muslim*innen bilden nach Christ*innen die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Deutschland. Die im Rahmen der Deutschen Islam Konferenz unter der damaligen CDU-SPD-Regierung angestoßenen Prozesse zum Aufbau eigenständiger muslimischer Wohlfahrtsstrukturen müssen als strukturelle Maßnahmen konsequent weitergeführt, finanziell abgesichert und nachhaltig verstetigt werden – im Sinne echter Wahlfreiheit, subsidiärer Verantwortung und gleichberechtigter Teilhabe. Bestehende Förderprogramme müssen ausgebaut und langfristig angelegt werden, um muslimisches Engagement in sozialen, gesundheitlichen und bildungsbezogenen Bereichen sichtbar und wirksam zu verankern. Diese Strukturen verdienen nicht nur gesellschaftliche Anerkennung, sondern benötigen gezielte politische Stärkung, um ihre tragende Rolle im Wohlfahrtssystem ausbauen zu können.

Die Bundesregierung ist aufgefordert, ihre Strategie zur Bekämpfung von Diskriminierung – insbesondere rassistischer Diskriminierung – klar und öffentlich nachvollziehbar zu kommunizieren. Vertrauen entsteht durch Transparenz, Verlässlichkeit und eine erkennbare Haltung. Dazu gehört auch, muslimische Perspektiven konsequent mitzudenken.