Der 1. Juli 2009 stellt einen Wendepunkt in der Gewalt gegen Muslim:innen in Deutschland dar. Opfer war eine Frau, die durch ihr Kopftuch als Muslimin zu erkennen war und die aufgrund ihrer Kleidung zur Zielscheibe für Hass wurde.
Das Opfer war Marwa El-Sherbini, eine Apothekerin aus Ägypten, ehemalige Handball-Nationalspielerin, Mutter eines kleinen Kindes und im dritten Monat schwanger. Sie war mit Ihrem Mann nach Deutschland gekommen, der als Doktorand am Max-Planck-Institut für Zellbiologie und Genetik arbeitete. Sie wurde in einem deutschen Gerichtssaal ermordet.
(Eine ausführlichere Darstellung des Vorfalls finden Sie hier auf unserer Website Muslimische Spuren in Deutscher Heimat)
Der Mord an Marwa El-Sherbini jährt sich in diesem Jahr zum 15. Mal. Antimuslimischer Rassismus ist seitdem weiter fortgeschritten. Die aktuelle Bilanz zeigt für 2023 die höchsten bisherigen Zahlen antimuslimischer Übergriffe und nach wie vor sind Opfer mehrheitlich Frauen, die als Musliminnen erkennbar sind. Besorgniserregend ist auch die wachsende Zahl von Opfern unter Kindern und Jugendlichen.
(Unsere Stellungnahme zum aktuellen Bericht der CLAIM Allianz finden sie ebenfalls hier)
Antimuslimischer Rassismus muss klarer wahrgenommen und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Es bereitet uns Sorge, dass allen Solidaritätsbekundungen zum Trotz, die Zahlen an Übergriffen weiter steigen und die Zustimmung für die rechtsradikale Gesinnung in Deutschland und ganz Europa weiter zunimmt. Worte reichen nicht aus! Es müssen Taten folgen! Lassen Sie uns den Tod von Marwa eine ewige Mahnung sein, dass wir Rassismus bekämpfen müssen, bevor es zu solch abscheulichen Taten kommt.
Wir dürfen nicht zulassen, dass wachsender antimuslimischer Rassismus eine Frustration und Radikalisierung befeuert. Daher ist es wichtig die alarmierende Zunahme antimuslimischen Rassismus entschlossen anzugehen. Der Bedarf an Sensibilisierung gegenüber dem erlebten Rassismus ist groß. Nicht rechtzeitig beachtet und bekämpft kann sie Resignation und Zweifel an den Grundfesten unserer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nähren. Die Betroffenen verlieren ihren Glauben an diese und deren Verteidigung. Wir brauchen ein Bekenntnis der Politik zum entschiedenen Kampf gegen Hass und Diskriminierung durch antimuslimischen Rassismus und fordern:
- den notwendigen Auf- und Ausbau zielgruppennaher Beratungsstellen durch muslimische Trägerorganisationen, um die Prävention und Aufklärung sicherstellen und gleichzeitig die Expertise und Erfahrungen der Community einbinden zu können.
- Eine Bundesbeauftragte gegen antimuslimischen Rassismus für die nachhaltige Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus auf allen Ebenen und für die effektive Vernetzung von Akteur*innen im Kampf gegen diesen
- die schnellstmögliche Umsetzung der Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) um den Schutz vor Diskriminierung zu verbessern.
Auch 15 Jahre nach dem Mord an Marwa El-Sherbini gedenken wir ihrer mit Trauer und Bestürzung und rufen dazu auf, nicht zu vergessen und den Kampf gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit entschlossen fortzusetzen.
Der SMF-Bundesverband und seine Mitgliedsvereine haben sich mit zahlreichen Veranstaltungen an der “Woche gegen antimuslimischen Rassismus”, die heute endet, beteiligt. SmF Kempten erinnert an Marwa El Sherbini am heutigen Tag mit der Vorführung des Filmes “Es brennt” von Erol Afsin, der den Vorfall nacherzählt. Der Film wird im Collosseum Kino um 19:00 Uhr gezeigt (Eintritt kostenlos). SMF Stuttgart hat eine Ausstellung zum Thema „Antimuslimischer Rassismus und die Bedeutung von Vielfalt in Deutschland“ organisiert, die heute ab 14:00 Uhr in den eigenen Räumen in der Siemensstrasse 140 präsentiert wird.