Der Krieg in der Ukraine hat vieles verändert.  

Neben Bedarfen die schnell abgedeckt werden müssen gibt es auch Themen, die uns langfristig beschäftigen werden. Europaweit und insbesondere in Deutschland ist die Solidarität grenzenlos. Tagtäglich erleben wir wie hoch die Hilfsbereitschaft in unserer Gesellschaft ist. In allen Belangen, von Essens-, Kleider-, Möbel-, Geld- und diversen Sachspenden bis hin zu Angeboten Geflüchtete in privaten Wohnräumen unterbringen zu können.  Auf privater, wie auch auf politischer Ebene erleben wir eine noch nie dagewesene Hilfsbereitschaft. Dabei wird Deutschland mit dem Krieg in der Ukraine nicht zum ersten Mal mit Geflüchteten konfrontiert. Die Vergangenheit zeigte einen der größten Flüchtlingsströme nach Europa von Menschen aus Syrien aber auch Irak und Afghanistan. Auch damals zeigte die Politik mit „Wir schaffen das“ ihre Solidarität und Hilfsbereitschaft und erntete mit dieser Haltung Unmut und Kritik aus den Reihen der eigenen Gesellschaft. Trotz großer Solidarität konnten Geflüchtete damals im Vergleich zu heute nicht unmittelbar ohne größeren bürokratischen Aufwand Asyl beantragen, arbeiten oder studieren.  

Dies birgt Unmut der sich bemerkbar macht. 

Über alle SmF-Standorte hinweg haben wir eine zunehmende Frustration innerhalb unserer Zielgruppe wahrnehmen können, insbesondere bei Mentees mit Fluchterfahrung. Die unterschiedliche Behandlung führte unvermeidlich zu einer Kränkung nicht-europäischer Geflüchteter und warf erneut die Frage in den Raum ob weiße Menschen in Deutschland privilegierter sind.  Diese Frustration ist real und stellt ein niederschmetterndes Bild für Deutschland als Land mit demokratischer Ordnung in welcher Freiheit und Gleichbehandlung als oberste Grundwerte gelten dar. Die erlebte Benachteiligung führt bei den Betroffenen zu einem Bild, welches das Streben Deutschlands nach Anti Diskriminierung und Anti Rassismus in seinen Grundsätzen in Frage stellt und die Glaubwürdigkeit für die Bedeutung dieser Werte schwer erschüttert. 

Daher haben wir unser Patenschaftsprojekt „PPQ- Patenschaft- Praxis- Qualifizierung“ um den Mehrbedarf Ukraine erweitert. Das Projekt läuft im Rahmen des Bundesprogramms Menschen stärken Menschen und wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Zusätzlich zur oben beschriebenen Problematik besteht ein erhöhter und stetig wachsender Mehrbedarf an Unterstützung für ukrainische Geflüchtete, die bereits länger da sind, jedoch in der gesellschaftlichen Eingliederung Schwierigkeiten haben. Das ist ein langwieriger Prozess, der mit einmaligen oder kurzfristigen Sofortmaßnahmen nicht gelöst werden kann.  

Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Harmonie ist das A und O.  

Mit der Erweiterung des PPQ-Projekts legt der SmF e.V. unter anderem seinen Fokus auf Problematiken, die nur durch langfristige Begleitung gelöst werden können. Besonders vermieden werden soll, dass durch erlebte Diskrepanzen im Umgang mit Geflüchteten ein vermehrter Frust und eine vermehrte Wut die Gesellschaft dominieren. Der Bedarf an Gesprächen und Aufklärung ist an dieser Stelle ein äußerst ernst zu nehmendes Thema um das harmonische zusammenleben in Deutschland langfristig zu sichern.  

Ziel ist es im Rahmen der Patenschaftsarbeit diese Diskrepanz mit gezielten Gesprächen zu ermitteln. So können anhand dieser Erkenntnisse zusätzliche oder neue Benachteiligungen erkannt, Bedarfslagen für die Patenschaftsarbeit ermittelt und Handlungsbedarfe sowie Verbesserungspotentiale zugunsten des gesellschaftlichen Zusammenhalts an politische Entscheidungsträger mitgeteilt werden. Bereits geflüchtete Menschen werden über die besondere rechtliche Lage der aus der Ukraine geflüchteten Menschen in Form von Informationsveranstaltungen, Gesprächskreisen und niederschwelligen Maßnahmen informiert, damit sie die Ursache von unterschiedlichen Behandlungen basierend auf juristische Rahmenbedingungen, verstehen können. Tandemteams haben hier eine große Bedeutung. Denn sie halten meist langfristig, sind freundschaftlich und stehen in einer viel engeren Verbindung zum Menschen als Beratungsstellen oder kurzfristige Anlaufstellen. Gerade komplizierte Themen werden so intensiver aufgegriffen und durch das bereits vorhandene Vertrauensverhältnis innerhalb des Tandems leichter aufgelöst. Dies benötigt aber Zeit damit Paten, die mehrere Mentees aus unterschiedlichen Fluchtregionen betreuen, unter anderem auch langfristige Begegnungen schaffen können. Das löst die Spannung und erweitert das individuelle Verständnis für den Gegenüber.  

Um einen breiteren Leistungsumfang zu ermöglichen, wird ukrainisch- oder russischsprachiges Personal aufgestockt oder Geflüchtete anderer Länder mit Hilfe von zusätzlichem Personal mit Ukrainer:innen zusammengebracht. So können auch wiederkehrende Themen wie die Koordinierung von Sach- und Geldspenden, Vermittlung von Unterkünften sowie die Alltagsbegleitung abgedeckt werden.  Mit über 60 Mitarbeiterkompetenzen über verschiedene Berufsfelder hinweg konnten wir nun mehr als 6.000 Menschen durch rund 1.200 Ehrenamtliche begleiten. Und noch heute unterstützen wir mit dem Projekt “PPQ” tagtäglich über 3.400 Menschen mit und ohne Fluchterfahrung.  

Ja wir sind stark, stark für ein Deutschland mit beispielsloser Solidarität und Hilfsbereitschaft für Alle. Also packen wir an!