31.07.2020

Köln – Der Bundesverband Sozialdienst muslimischer Frauen ist besorgt über die Ergebnisse der Telefonbefragung und fordert von den Landesregierungen in der neu entwickelten postmigrantischen Gesellschaft eine bürgernahe Schulpolitik zu gestalten. Die Bundesvorsitzende Ayten Kılıçarslan erklärt: „Die Befragung bei 451 Ehrenamtlichen zeigt, dass wir trotz der Bemühungen von Ehrenamtlichen die vorhandenen Lücken bei Schulkindern und Jugendlichen nicht schließen können. Sie sind zum Teil selbst nicht sozial abgesichert und setzen sich dennoch für den sozialen Ausgleich anderer Bürger*innen ein. Während der Coronakrise wurden die sozialen Ungleichheiten stärker spürbar. Die Auswirkungen waren sowohl für die Ehrenamtlichen als auch für die betreuten Mentees deutlich belastender als für weite Bevölkerungsteile.“

Der Verband koordiniert die Ehrenamtlichen in ihrem bundesweiten Engagement und trägt zum Ausgleich sozialer Ungerechtigkeiten durch Begleitung und Betreuung sozial benachteiligter Menschen bei. Bisher wurden im Rahmen des Bundesprogramms „Menschen stärken Menschen“ durch den Verband 4.516 sozial benachteiligte darunter ca. 40 % geflüchtete Menschen betreut und begleitet. Die Betreuung wird überwiegend von muslimischen ehrenamtlichen mit Migrationsbiografie übernommen.

Die Verbandsvorsitzende Kılıçarslan richtet ihre Forderung an Bundeskanzlerin Merkel und bittet sie, die Bundesländer dazu zu bewegen einen einheitlichen Maßnahmenkatalog für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche im Rahmen ihrer Schulpolitik zu erarbeiten. „Frau Merkel konnte bisher erfolgreich die Bundesländer dafür gewinnen, bei der Bekämpfung der Pandemie eine gemeinsame Strategie zu verfolgen. Wir brauchen insbesondere in der Schulpolitik eine gemeinsame Linie. Wir brauchen konkrete Maßnahmen, mit denen die Ungleichheiten bei Familieneinkommen durch die Zurverfügungstellung von erforderlicher Technik und Materialien ausgeglichen werden. Zudem müssen Lehrkräfte besser unterstützt werden, damit Eltern nicht die Aufgaben des Lehrpersonals übernehmen müssen. Denn die meisten Eltern, die keine Bildungsinländer*innen sind oder keine bessere Schulform als ihre Kinder besucht haben, können ihre Kindern bei Hausaufgaben nicht unterstützen. Das Gleiche gilt auch für viele Eltern ohne Migrationshintergrund. Wenn wir jetzt die Lücken nicht schließen können, werden sie in den nächsten Schuljahren immer größer. Wir könnten bisher durch Bundesprogramme wie „Menschen stärken Menschen“ mit unseren Ehrenamtlichen viele Lücken schließen. Aber um die Lücken, die durch mangelnde Schulpolitik vergrößert werden, zu schließen, brauchen wir weitere unterstützende Maßnahmen. Dazu gehört neben der Bildungspolitik auch der soziale Wohnungsbau, sowie die Elternarbeit und Frauenförderung.“

Sie verwies auf die Ergebnisse der einzigartigen Telefonbefragung:

  • 20,8% der Ehrenamtlichen geben an, von der Erziehung der Kinder in der Coronakrise überfordert worden zu sein. Bei den betreuten Mentees soll es bei 42,8% sein.
  • 37,8% der Kinder der Ehrenamtlichen hatten während des Homeschoolings Schwierigkeiten beim Lernen und bei den Schulaufgaben. Dies soll bei 74,9% der Betreuten der Fall sein.
  • Für 29,8% der Ehrenamtlichen war nicht verständlich, was die Schule bezüglich der Schulaufgaben von ihren Kindern erwartete. Diese Beobachtung machten 68,1% bei ihren Mentees.
  • 14,8% der Pat*innen schätzen die Lernumgebung, die sie ihren Kindern bieten können, eher als schlecht ein. Dies wäre bei 41,8% der Betreuten der Fall.
  • 22,0% der Ehrenamtlichen gaben an, dass es zu Rollenkonflikten zwischen ihnen und Lehrer*innen gekommen sei, da die Erwartungen jeweils unterschiedlich gewesen seien. Dies soll bei 45,7% der Betreuten der Fall gewesen sein.
  • 16,2% der Ehrenamtlichen konnten, die von der Schule erwartete technische Ausstattung für das Homeschooling nicht bereitstellen. Aber 52,6% meinten, die Betreuten hätten nicht ausreichende technische Ausstattung.

Kılıçarslan führt weiter aus, „gerade feiern wir das Opferfest. Unsere Ehrenamtlichen werden mit selbst angeschafften und vorbereiteten Geschenken viele Kinder glücklich machen. Wie sie in der Coronakrise durch Online-Betreuung gemeinsam gebastelt, Spiele gespielt haben, werden sie auch jetzt schöne Momente erleben lassen. Für diese vielen Kinder, die auch unsere Zukunft sind, werden dennoch schulische Maßnahmen, die ihre Zukunft retten, ein besonderes Geschenk sein“.

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